Echte Selbstfürsorge – warum sie oft nicht das ist, was du denkst
- Monia von Burg
- 18. März
- 3 Min. Lesezeit
Selbstfürsorge ist überall. In Posts, Podcasts, Produkten. Doch während die Welt von Yoga-Retreats und Schaumbädern spricht, bleiben viele Frauen in Mehrfachrollen mit dem Gefühl zurück: „Wann soll ich das eigentlich machen?“

Dabei ist Selbstfürsorge nicht Luxus – sondern psychologisch gesehen eine zentrale Ressource für Resilienz und emotionale Gesundheit. Nicht etwas, das on top kommen muss, sondern etwas, das dich im Innersten stärkt. In diesem Artikel erfährst du, was Selbstfürsorge wirklich bedeutet – evidenzbasiert, alltagstauglich und jenseits von Idealbildern.
Was Selbstfürsorge (nicht) ist
Viele Menschen verwechseln Selbstfürsorge mit Belohnung oder Wellness. Doch in der psychologischen Forschung wird sie als proaktive Selbstzuwendung verstanden, die dem Erhalt psychischer Gesundheit dient.
Die American Psychological Association (2023) definiert Self-Care als:
„Providing adequate attention to one’s own physical and psychological wellness.“
Das bedeutet: Selbstfürsorge beginnt nicht erst, wenn alles erledigt ist – sondern ist Teil der gesunden Selbstführung im Alltag.
Studien zeigen, dass regelmässige Selbstfürsorge mit höherer Lebenszufriedenheit, weniger Stresssymptomen und besserer Emotionsregulation einhergeht (Mills et al., 2018; Dorociak et al., 2017).
Der Schlüssel: Eigene Bedürfnisse spüren
Ein zentrales Element der Selbstfürsorge ist die Fähigkeit, eigene Bedürfnisse wahrzunehmen – und sie nicht sofort zu übergehen.

In der Psychologie spricht man hier von interozeptiver Achtsamkeit: der bewussten Wahrnehmung innerer Körperzustände – wie Müdigkeit, Enge im Brustkorb, Hunger oder emotionaler Druck.
Studien zeigen: Menschen mit stärker ausgeprägter Interozeption regulieren ihre Emotionen besser und erkennen früher, wann Belastung entsteht (Mehling et al., 2012).
Selbstfürsorge im Alltag: Klein, konkret, wirksam
Du brauchst keine grossen Pläne – kleine, geerdete Handlungen haben oft die grösste Wirkung.
Schon kurze Momente der Zuwendung können deine Selbstwirksamkeit aktivieren und dir zeigen: Ich bin für mich da.

Beispiele:
Drei bewusste Atemzüge zwischen zwei Aufgaben
Eine klare Grenze, die du freundlich aber bestimmt setzt
Ein paar Minuten ohne Bildschirm – nur für dich
Eine warme Mahlzeit in Ruhe – ohne Eile
Diese Mini-Routinen sind psychologisch wirksam – weil sie dein Nervensystem regulieren und dich aus dem „Funktioniermodus“ zurück in Verbindung bringen.
Wenn dir das (noch) schwerfällt…
Vielleicht merkst du beim Lesen: „Ich spüre mich kaum.“ Oder: „Ich weiss nicht, was mir guttun würde.“ Das ist nicht ungewöhnlich.
Viele Frauen haben gelernt, im Alltag durchzuhalten – still, zuverlässig, oft über die eigenen Grenzen hinweg. Dabei geht der Zugang zu den eigenen inneren Signalen manchmal verloren. Nicht absichtlich, sondern weil es so lange nötig war.
Aber die gute Nachricht: Interozeption – also die Fähigkeit, dich selbst im Innern wahrzunehmen – ist trainierbar.
Studien zeigen: Mit Achtsamkeit, Körperwahrnehmung und Reflexion kannst du lernen, dich wieder besser zu spüren (Farb et al., 2013).
Eine kleine Übung zur Selbstwahrnehmung
Setz dich bequem hin. Atme ruhig.

Dann frag dich – ganz ehrlich, ganz sanft:
Was spüre ich gerade in meinem Körper – ganz konkret?
(Ziehen, Wärme, Druck, Müdigkeit, Ruhe…?)
Bleib 1–2 Minuten beim Spüren, ohne etwas verändern zu wollen.
Vielleicht sagst du dir: „Ich höre dich.“
Diese kleine Geste ist nicht spektakulär.
Aber sie ist ein Anfang. Und manchmal ist das genau genug.
Fazit
Selbstfürsorge ist kein weiteres To-do. Sie ist ein stiller Akt der Verbundenheit mit dir selbst.
Nicht egoistisch. Nicht optional. Sondern grundlegend.
Nicht erst, wenn du erschöpft bist. Sondern damit du es nicht wirst.
Quellen
American Psychological Association. (2023). Self-care. In APA Dictionary of Psychology. https://dictionary.apa.org/self-care
Dorociak, K. E., Rupert, P. A., Bryant, F. B., & Zahniser, E. (2017). Development of the Self‐Care Assessment for Psychologists. Journal of Counseling Psychology, 64(3), 325–334. https://doi.org/10.1037/cou0000206
Farb, N. A. S., Segal, Z. V., & Anderson, A. K. (2013). Mindfulness meditation training alters cortical representations of interoceptive attention. Social Cognitive and Affective Neuroscience, 8(1), 15–26. https://doi.org/10.1093/scan/nss066
Mehling, W. E., Price, C., Daubenmier, J. J., Acree, M., Bartmess, E., & Stewart, A. (2012). The Multidimensional Assessment of Interoceptive Awareness (MAIA). PLoS ONE, 7(11), e48230. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0048230
Mills, J., Wand, T., & Fraser, J. A. (2018). Self-care in health professionals: A concept analysis. International Journal of Nursing Studies, 88, 105–113.
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